Friday, June 19, 2015

Wie Cilantro in Cancun, weiche Kontaktlinsen in Miami, und Baulärm und seltsam riechende Bäume in Spanien meine Welt verändert haben


Haben Sie heute Geduld mit mir. Ich habe eine vierteilige Geschichte zu erzählen. Vielleicht klingt es etwas billig und nicht Ihrer Aufmerksamkeit würdig. Doch ich versprechen Ihnen, dass Sie einige Aspekte Ihres Lebens in einem neuen Licht sehen werden, wenn Sie mich zu Ende anhören. Und Ihr Leben in neuem Licht zu sehen bedeutet wortwörtlich, dass sich Ihre Welt ändert.

In den frühen 90ern zog ich von Spanien nach Cancun in Mexiko, wo es mir vergönnt war, in einer idyllischen Umgebung am Strand mit Blick auf das unverschämt transparente, aquamarinblaue Meer zu leben, und ich einen Großteil meiner Zeit dem Schreiben widmen konnte. Kurz nach meiner Ankunft bemerkte ich, dass die meisten Gerichte in Restaurants Cilantro enthielten, die Blätter des Korianders, die in etwa so aussehen wie Petersilie, aber ganz anders schmecken. Ich stellte fest, dass ich Cilantro nicht nur hasste, sondern dass mir allein von seinem Geruch schon übel wurde. Ich versuchte, ihn zu vermeiden, aber musst ich einsehen, dass es ein ähnlich ergiebiges Unterfangen war, eine Maya-Pyramide in Hochhackigen zu erklimmen, wie ein Gericht ohne Cilantro zu finden. Also quasi unmöglich!

Dann versuchte ich, den winzig klein gehackten Cilantro aus den Gerichten zu fischen, die ich in Restaurants bestellte, nur um festzustellen, dass es nicht nur unheimlich aufwendig war – die kleingehackte grüne Plage war einfach überall! –, sondern auch nutzlos: Zum Zeitpunkt meiner Aussortier-Aktion hatten sie ihren Geschmack schon lang an das Gericht weitergegeben.

Ich führte Streitgespräche mit mir selbst. Ich schäumte vor Wut ob der Strapazen, die mir dieses vermaledeite Land aufbürdete. Und dann, etwa zwei Wochen nach meinem Umzug, beschloss ich, dass die wirksamste Lösung für mein Problem war, mich zu entscheiden, Cilantro zu lieben.

Ganz einfach, was? Nun, mittlerweile liebe ich Cilantro tatsächlich so sehr, dass ich, die ich nun wieder in Spanien lebe, alle möglichen Strapazen auf mich nehme, um welchen zu finden – hier wird er nämlich nicht in jedem Supermarkt verkauft.

Schnellvorlauf. 2002 in Miami, wo ich acht Jahre lang lebte. Ich gärtnerte viel. Machte meinen Doktor in wenig mehr als drei konnte. Hatte wundervolle Katzen. Und musste feststellen, dass die harten Kontaktlinsen, die mir 30 Jahre lang gute und treue Dienste geleistet hatten, mir nicht mehr taugten. Plötzlich konnte ich nicht mehr lesen und musste eine Lesebrille über meinen Kontaktlinsen tragen, und eine andere Brille, um am Computer zu arbeiten. Die Kontaktlinsen waren nur mehr gut für die Ferne. Also ging ich zum Augenarzt. Er empfahl mir weiche Kontaktlinsen. Eine sollte ich für die Nähe verwenden und die andere für die Ferne. Ich wusste, ich hasste weiche Kontaktlinsen –  im Vergleich zu den harten Kontaktlinsen sieht man richtig schlecht. Aber ich versuchte es. Natürlich hatte der gute Arzt Unrecht! Es funktionierte einfach nicht! Alles war verschwommen, ich konnte nichts sehen... also machte ich Orthokeratologie mit dem wundervollen, geduldigen Dr. Boshnick. Obwohl ich nicht mehr in meinen Zwanzigern war, funktionierte das wunderbar und mein Problem war vorerst gelöst.

Schnellvorlauf. 2006, Marbella in Spanien. Meine speziellen Ortho-K-Linsen waren zerbrochen. Ich konnte hier an der Costa del Sol keinen Spezialisten für diese noch - hier - relativ unbekannte Technik finden. Ich musste also entweder nach Miami zurückfliegen oder hier in der Umgebung eine Alternative auftreiben. Ich ging also zu einem ganz vortrefflichen Optiker. Nach ausgiebigen Untersuchungen gab man mir zwei Alternativen: Eine Brille oder weiche Kontaktlinse, eine für die Nähe und eine für die Ferne... ganz wie der Arzt in Miami es mir vier Jahre zuvor empfohlen hatte. Zähneknirschend willigte ich ein, es noch einmal zu versuchen und glaubte felsenfest, dass es wieder nicht funktionieren würde.

Ich ließ mir also die Probekontaktlinsen anpassen und wurde nach draußen geschickt, einen Kaffee trinken, während ich mit der verschwommenen, nebeligen Welt kämpfte. In der Tür stehend (ich hätte am liebsten um einen Gehstock gebeten) fragte ich, was passieren würde, wenn ich mich nicht an die Kontaktlinsen gewöhnte. Sie werden eine Brille tragen müssen, war die Antwort. Ich ging also in ein Café und sagte mir selbst: Du wirst dich daran gewöhnen. Sie haben gesagt, es hängt davon ab, ob dein Gehirn flexibel ist oder nicht. Also wird es funktionieren!

Und wissen Sie was? Ein paar Minuten später sah ich perfekt. Weil ich mich entschlossen hatte, mit diesen Kontaktlinsen sehen zu können. Ganz wie ich mich zuvor dazu entschlossen hatte, mit denselben Kontaktlinsen nicht sehen zu können.

Ganz einfach, was? Mittlerweile bin ich so begeistert von meiner wiedererlangten exzellenten Sehkraft, dass ich diese Lösung jedem mit ähnlichen Problemen empfehle.

Schnellvorlauf. April, Mai, Juni 2007. Ich mache jeden Morgen eine Stunde Powerwalking und zusätzlich 15 Minuten Dehn- und Freiübungen, wenn ich am Strand ankomme. Dorthin gelange ich, indem ich die Siedlung durchquere, in der ich lebe. Dann noch am 11-Loch-Golfplatz vorbei und ich bin am Strand. Seit Monaten schon fand eine massive Wasser- und Abwasserkanalrenovierung statt und verwandelte die normalerweise ruhigen Straßen des Wohngebiets in ein Inferno aus Staub, Lärm und Getöse. Kein Vogelzwitschern begleitete meinen Morgensport mehr, nur noch Lärm, Lärm und nochmals Lärm. Sie müssen wissen: Ich bin sehr lärmempfindlich. Ich hasse Lärm. Ich lebe, wo ich lebe, gerade weil es so friedlich und ruhig ist. Außerdem waren meine morgendlichen Powerwalks eine Art der Meditation-mit-offenen-Augen und Kreativ-Zeit. Und jetzt wurde sie mir von idiotischen Presslufthammern und lauten Arbeitern verdorben. Eine Zumutung. Als ich also nach einem oder zwei Tagen des Genervt-Seins einsehen musste, dass sich die Bauarbeiten eine ganze Weile hinziehen würden, entschied ich, mich damit abzufinden. Ich entschied mich, jeden Morgen den Fortschritt zu beobachten. Zu beobachten, wozu jede Maschine gut war. Zu beobachten, aus wie vielen verschiedenen Ländern die Bauarbeiter stammten (Spanien erlebte zu der Zeit eine enorme Zuwanderungswelle aus der Sub-Sahara-Region, sowohl legal als auch illegal, und ebenso auch aus den meisten Ländern Südamerikas). Und damit änderte sich plötzlich alles für mich. Ich war nicht mehr genervt. Ganz im Gegenteil, ich freute mich jeden Tag darauf, den Fortschritt zu begutachten.

Ganz einfach, was? Nun, da das Spektakel vorüber ist, werde ich Bauarbeiten nie wieder mit den gleichen Augen sehen können – und dasselbe gilt für alles, was mich potentiell nerven könnte.

Schnellvorlauf. Gestern Morgen. Wieder auf meinem Powerwalk. Es gibt da einen Baum – keine Ahnung, was das für ein Baum ist – mit langen, schmalen Blättern und einem hohen, dünnen Stamm und granulierte Blüten, deren Oberfläche kleine Härchen aufweist. Er blüht im Frühling und im Sommer. Auf meinem Powerwalk laufe ich an mehreren davon vorbei – und ihr Geruch ist mir ein Graus!

Manchmal hatte ich sogar versucht, beim Vorbeilaufen den Atem anzuhalten. Ich konnte mich mit dem Geruch einfach nicht anfreunden. Gestern entschied ich also, etwas Angenehmes an diesem besonderen Geruch zu finden. Und so änderte sich alles auf einen Schlag. Es störte mich nicht mehr.

Ganz einfach, was? Es hatte sich nichts geändert außer meiner Einstellung.

Und darum geht es in diesem ganzen Eintrag. Wenn Sie Ihre Einstellung zur Welt ändern, ändert sich auch die Welt. Ganz einfach. Versuchen Sie es.

Photo: Cancun

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